Geburtstagsbesuche

Seit einiger Zeit gratuliert eine Gruppe aus Männern und Frauen Jubilaren zum Geburtstag. Sie melden sich an, bringen ein Geschenk vorbei – und immer wieder kommt es dabei zu spannenden Begegnungen. 

Kaffee und Güetzi stehen auf dem schön gedeckten Tisch bereit. Frau «Muster» ist 85 geworden und bekommt Besuch von der Kirchgemeinde. Sie kennt die Person nicht, die sich telefonisch angemeldet hat, freut sich aber, denn sie hat gerne Kontakt zu anderen. Und natürlich ist sie auch ein bisschen aufgeregt. Dann klingelt es an der Tür… 

Vielfältige Begegnungen

So könnte ein Geburtstagsbesuch beginnen – oder auch ganz anders. Die Freiwilligen, die diese Besuche im Namen der Kirchgemeinde bei 80-, 85-, 90-Jährigen oder älteren übernehmen, treffen ganz unterschiedliche Situationen an. Eine der Besuchenden fasst die Erfahrungen, die sie macht, so zusammen: 

«Vor rund 2 Jahren vernahm ich, dass die Paulus-Kirchgemeinde Geburtstagsbesuchende sucht. Als Jung-Pensionierte war ich offen und meldete mich. Ich stellte mir vor, dass solche Besuche einfach sind. Doch weit gefehlt. Rasch stellte ich fest, dass jede Begegnung anders abläuft und einmalig ist. 

Es gibt Jubilare, welche keinen Besuch wünschen, sich aber an einem kurzen Gespräch am Telefon freuen. Andere nehmen gerne ein kleines Geschenk über den Briefkasten entgegen. Wieder andere freuen sich an einem Besuch, zeigen voller Stolz ihr zu Hause, diskutieren gerne über aktuelle Themen oder erzählen aus ihrem Leben. Solche Begegnungen bereichern mein Leben und machen mir viel Freude. 

Während der Corona-Zeit konnte ich leider keine Besuche machen. Stattdessen sandte ich den Jubilaren auf dem Postweg ein kleines Geschenk mit einer handgeschriebenen Geburtstagskarte. Kurze Zeit später erhielt ich Dankesschreiben, die mich sehr freuten.» 

Eine andere Besucherin berichtet: «Ja, bei den Geburtstagsbesuchen erlebe ich Unterschiedliches. Meistens bin ich sehr willkommen, anfänglich oft verbunden mit Zurückhaltung. Einige haben doch keinen Kontakt zur Kirche oder haben schon lange nicht mehr an einem kirchlichen Anlass teilgenommen; sei es aus familiären-, gesundheitlichenoder anderen Gründen. Die meisten freuen sich einfach über den Besuch und darüber, dass «die Kirche» sie auch beschenkt, dass wir Zeit mit ihnen verbringen und sich so für sie die Gelegenheit bietet, von sich zu erzählen. Das wird sehr geschätzt! 

Und wie sind die Besuche für mich? Die Besuche sind herausfordernd, manchmal schwierig, manchmal lustig oder spannend. Auf jeden Fall ist jeder Besuch anders – und das gefällt mir besonders an dieser Aufgabe.» 

Priestertum aller Gläubigen

Die Freiwilligen machen sichtbar, dass «Kirche» nicht nur die Angestellten und Behördenmitglieder sind, sondern alle zusammen im Sinne des sogenannten «Priestertums aller Gläubigen». Sie übernehmen mit den Geburtstagsbesuchen eine wichtige Aufgabe der Kirche und unterstehen dabei selbstverständlich der Schweigepflicht. 

Begleitet wird die Besuchergruppe von der Sozialdiakonischen Mitarbeiterin Claudia Fischer und Pfarrer Uli Geisler. Zweimal im Jahr trifft sich die Gruppe, um die neuen Geburtstage aufzuteilen und sich über die gemachten Erfahrungen auszutauschen. 

Pfr. Uli Geisler